Weitere 11 Millionen für Mobilität der Zukunft made in Lausitz: „Chesco“-Projekt in Cottbus schreitet voran
Nächster Förderbescheid für eines der großen Projekte im Lausitzer Strukturwandel: Das Forschungsprojekt „Center for Hybrid Electric Systems Cottbus“ – kurz: chesco bekam am gestrigen Donnerstag den zweiten Zuwendungsbescheid mit einer Höhe von ca. 11,3 Millionen Euro aus dem Strukturstärkungsgesetz überreicht. Wofür diese Mittel nun eingesetzt werden und auf welchem Stand das Projekt aktuell ist.
pm/Jannis Simons
Mehr als 25 Fachgebiete der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg erforschen beim Projekt „chesco“ gemeinsam mit einem interdisziplinären Partnernetzwerk hybrid-elektrische und elektrische Systeme für den Mobilitätssektor. Diese alternativen Antriebe sollen zunächst im Bereich der Luftfahrt entwickelt werden und zukünftig auf Anwendungsfelder für die Bereiche Automobil, Bahn und Schifffahrt ausgeweitet werden. Als Interimslösung belebt das Projektteam schon jetzt ein Bürogebäude und mehrere Hallen in der Werner-von-Siemens-Straße in Cottbus-Dissenchen.
Ziel von chesco ist es, die Entwicklungszeit innovativer Antriebstechnologien durch die zentrale Bündelung der Forschungs-, Fertigungs- und Testkompetenzen von üblichen sechs Monaten auf sechs Wochen zu verkürzen. Damit dieses ambitionierte Vorhaben Stück für Stück Realität werden kann, gab es für die Planung von Forschungs- und Fertigungsgebäuden sowie Außenanlagen auf dem Gelände des zukünftigen Standortes im Technologie- und Industriepark (TIP) Cottbus – wo künftig der Lausitz Science Park aufgebaut werden soll – sowie für den Grunderwerb nun diese Zuwendung von circa 11,3 Millionen Euro aus dem Strukturstärkungsgesetz des Bundes. Brandenburgs Staatssekretärin Dr. Friederike Haase übergab den Förderbescheid für das zweite Teilvorhaben an BTU-Präsidentin, Prof. Dr. Gesine Grande, und die beiden Projektleiter.
Dr. Friederike Haase sagte im Pressegespräch: „Wir wollen Strukturwandel in der Lausitz betreiben, aber so, dass andere in Europa und auf der Welt schauen, was wir hier machen. Chesco fügt sich in das große Ganze ein: Industriearbeitsplätze erhalten, Forschung und Wissenschaft miteinander verbinden. Das Zentrum zur Erforschung alternativer Antriebe ist mit einem geschätzten Gesamtvolumen von 238 Millionen Euro eines unserer Großprojekte im Rahmen des Lausitzer Strukturstärkungsgesetzes. Brandenburg kombiniert bei diesem Projekt sinnvoll die Fördermöglichkeiten, die das Gesetz bietet.“
„Mit dem Zuwendungsbescheid können wir die zweite Phase des Projekts starten“, freut sich BTU-Präsidentin Prof. Dr. Gesine Grande: „Nach der Ermittlung der Bedarfe plant und erarbeitet das chesco-Team nun maßgeschneiderte Gebäude und ihre Ausstattung auf dem Gelände des zukünftigen Lausitz Science Parks.“ Dort sollen auf einer Fläche von rund 52.000 Quadratmetern drei neue Gebäude entstehen.
Einzigartig auf der Welt
Das sogenannte „research center“ diene der Entwicklung des Designs von hybrid-elektrischen Systemen, elektrischen und mechanischen Komponenten, Brennstoffzellen, Gasturbinen und Kühlsystemen. „Angepasst an die individuellen Bedarfe der einzelnen Projekte, können die Wissenschaftler*innen und Partner*innen im Co-Working Space zusammenarbeiten und in einem virtuellen Labor die Designentwicklungen, Analyse- sowie Testergebnisse visualisieren“, so Prof. Klaus Höschler, einer der beiden Projektleiter im Vorhaben. Nach erfolgreichen Tests können anschließend im „fast-make electrification research center“ („f-merc“) Prototypen an über 150 Maschinen und Anlagen gefertigt werden, die schließlich im „test center“ getestet werden können.
„Nirgendwo auf dieser Welt gibt es bisher all diese Bereiche an einem Ort, womit eine unglaubliche Beschleunigung in diesem Gebiet erreicht wird. Das ist für die Erreichung der Klimaziele von unglaublicher Bedeutung, wenn man bedenkt, dass jedes Flugzeug ungefähr 20 bis 25 Jahre fliegt“, sagt Prof. Georg Möhlenkamp, ebenfalls Projektleiter im chesco-Team. Alle Abläufe sind digital vernetzt, womit schnell und flexibel in Prozesse eingegriffen werden kann. „Damit werde eine einzigartige Forschungslandschaft geschaffen, womit wir einen Magnet für Forschungs- und Industriepartner für diese Region erwarten, so Prof. Höschler. Schon jetzt gäbe es eine Vielzahl von interessierten Hersteller in diesem Gebiet. Damit das Zentrum so nahbar wie möglich für alle Lausitzerinnen und Lausitzer ist, wünscht sich die Stadt Cottbus keine Umzäunung um das Gelände. Es soll eine „offene“ Forschungslandschaft entstehen. Enge Gespräche dazu gibt es bereits.
Das Center for Hybrid Electric Systems Cottbus (chesco) ist Teil der BTU-Profillinie Energiewende und Dekarbonisierung. Projektpartner sind das Institut für Elektrifizierte Luftfahrtantriebe des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), mehrere Fraunhofer-Institute, ACCESS e.V. sowie hochrangige Industriepartner, wie z.B. Rolls-Royce Deutschland.
Beteilige Fachbereiche seitens der BTU sind u.a. Maschinenbau, Elektrotechnik, Informatik, aber auch die Architektur für die Planung der Gebäudeinfrastruktur. In Vorbereitung befinde sich zudem ein neuer, internationaler Masterstudiengang, bei dem es sich um hybrid-elektrische Flugzeugantriebe dreht.
Info
Die Finanzierung der Gebäudeplanung sowie des Grunderwerbs im Projekt chesco erfolgt über die Förderrichtlinie der Staatskanzlei Brandenburg zur Strukturentwicklung Lausitz. Die Mittel kommen aus dem Strukturstärkungsgesetz des Bundes. Bereits im vergangenen Jahr förderte die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) das Vorhaben mit rund 39 Millionen Euro, womit schon Maschinenanlagen beschafft sowie erste Fertigungs- und Testbereiche geplant wurden. Für den Aufbau der Forschungsfabrik und eines Transferkonzeptes sowie die Realisierung der ersten Transferprojekte arbeiten aktuell 25 Personen im Team. Auf 50 Mitarbeiter soll dieses Team bis zum Ende des Jahres aufgestockt werden. Parallel zu dem Aufbau laufen auch schon die ersten Forschungsprojekte, an denen weitere Personen arbeiten.