Staatsminister Thomas Schmidt auf Förderübergaben-Marathon in den Landkreisen Bautzen und Görlitz
Staatsminister Thomas Schmidt hatte Mitte April drei große Förderbescheide mit einen Volumen von mehr als 27 Millionen Euro im Gepäck. Halt mit dem »Koffer voll Geld« machte der Minister bei Trägern von Strukturwandelprojekten in Hoyerswerda, Weißwasser und in der Stadt Görlitz.
Silke Richter & Tony Keil
Lausitzbad in Hoyerswerda freut sich über den größten Brocken
Vor mehr als 20 Jahren begann die berufliche Karriere von Matthias Brauer als Mitarbeiter im Lausitzbad. Es ist fast auf den Tag genau drei Jahre her, als der Hoyerswerdaer im März 2020 den Staffelstab als Einrichtungschef übernommen hat. »Es ist mein Baby«, meint Matthias Brauer über »sein« Lausitzbad. Der Familienvater ist quasi mit der Einrichtung gewachsen und kennt deren historische Entwicklung von den Anfängen bis heute.
»Wir brauchen diese Modernisierung unbedingt«
Nun wird der Umbau und die Modernisierung des Bades dank der Strukturwandelprojekte im Lausitzer Revier mit knapp 22,5 Millionen Euro gefördert. Der Einrichtung steht baulich gesehen so einiges bevor. Bis zum kommenden Oktober soll die kommunale GmbH ein zusätzliches 25-Meter-Becken sowie ein Becken für Wassergymnastik und Babyschwimmen erhalten. Zudem sind eine Neugestaltung des Außenbereiches mit einer Sport- und Spiellandschaft vorgesehen, die eine ganzjährige Nutzung ermöglichen. »STARK für die LAUSITZ« berichtete schon im Sommer 2022 darüber. »Die Nachfrage nach Angeboten wird immer größer. Wir brauchen diese Modernisierung unbedingt. Auch um mehr Lebensqualität und bessere Arbeitsbedingungen für unsere Mitarbeiter schaffen zu können«, erklärt der Bad-Chef.
Oberbürgermeister Torsten Ruban-Zeh sieht das Lausitzbad vor allem im Einklang mit der modernen Entwicklung des Lausitzer Seenlandes. Im Sinne der Besucher und innerhalb der touristischen Angebote sei es deshalb auch sehr wichtig, die Umbaumaßnahmen in der Einrichtung schnellstmöglich abschließen zu können, damit sie nach erfolgreicher Sanierung den Besuchern bald wieder zur Verfügung stehen kann.
Sachsens Staatsminister Thomas Schmidt überbrachte am Freitag (14. April) dem Lausitzbad den Geldsegen in Form der Fördermittelzusage. Damit erhält die Einrichtung den Löwenanteil von insgesamt drei Förderbescheiden in Höhe von mehr als 27 Millionen Euro, die Thomas Schmidt an diesem Tag in den Landkreisen Bauern und Görlitz überbrachte.
Weitere Fördermittel für Wärme aus Ziegeleiteich und Mandau
Wo kommt die Wärme her, wenn die Kohlekraftwerke abgeschaltet sind? Mit einem Pilotprojekt soll in Weißwasser und Zittau ein neues Verfahren erprobt werden.
Nach dem Besuch in Hoyerswerda ging es für den Staatsminister in Richtung Weißwasser, wo das Kompetenzzentrum Strukturwandel Lausitz rund 3,1 Millionen Euro erhält. Das Institut für Prozesstechnik, Prozessautomatisierung und Messtechnik (IPM) der Hochschule Zittau/Görlitz erhält die Förderung konkret für das Projekt AQVA-Heat. Ziel dabei ist die Weiterentwicklung und Praxiserprobung einer ganzjährigen thermischen Nutzung von Oberflächengewässern wie Flüssen, Seen oder Tagebaurestlöchern, wie z.B. die Mandau in Zittau und den Ziegeleiteich in Weißwasser, als Wärmequelle.
Federführend ist das Institut für Prozesstechnik, Prozessautomatisierung und Messtechnik (IPM) der Hochschule Zittau/Görlitz. Im Rahmen eines Verbundprojekts mit dem Institut für Luft- und Kältetechnik Dresden und der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg konnten bereits Erkenntnisse gewonnen und ein erster Prototyp getestet werden. Im Zentrum der Technik steht ein sogenannter Vakuumflüssigeiserzeuger. In dem wird Wasser im Vakuum verdampft. Anders als bei normalem Umgebungsdruck, wie etwa in unserer Küche, geschieht das dort bei etwa -0,5 Grad Celsius und nicht erst bei 100 Grad. Der Vorgang entzieht der umgebenden Flüssigkeit Energie. Es entstehen Wasserdampf und Flüssigeis. Ersterer wird dann kondensiert. Dabei wird Wärme frei. Letzteres kann als Kältespeicher etwa für Gebäudeklimatisierung oder Prozesskühlung in der Industrie genutzt werden. Denn Flüssigeis ist pumpbar. »Es gibt viele Wärmepumpenprozesse, die bereits an Gewässern eingesetzt werden«, sagt Thomas Gubsch. Er ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am IPM. Aber die haben genau dann, wenn die meiste Wärme benötigt wird, ein Problem: Zu der Zeit ist das Wasser auch am kühlsten, lässt sich kaum noch abkühlen, ohne das Vereisungseffekte an den Wärmetauschern entstehen. Im Vakuumflüssigeiserzeuger ist das Eis gewollt, der Prozess funktioniert auch bei Wassertemperaturen knapp über 0 Grad.
Wie viel Wasser braucht’s?
Schnell kommt die Frage auf: Wie wirkt sich das auf die Gewässer aus? Das ist einer der Punkte, die jetzt in der zweiten Phase des Projekts über ein Monitoring genauer untersucht werden. Das zur Wärmeversorgung die Mandau oder der Ziegeleiteich leergesaugt werden, braucht man aber nicht zu fürchten. »Selbst, wenn die Mandau im Sommer nach langer Trockenheit den Minimalwasserstand hat, brauchen wir bei Volllast weniger als ein Prozent des Durchflusses«, erklärt Thomas Gubsch. Und das Wasser wird nach der Abkühlung wieder in das Gewässer eingeleitet.
Der im Pilotprojekt gebaute Vakuumflüssigeiserzeuger hat einen Durchmesser von rund zwei Metern und eine Höhe von rund drei Metern. Damit können 500 kW thermische Leistung erzeugt werden. Als Vergleichsgröße: Ein modernes Einfamilienhaus hat einen Bedarf von rund 15 kW (natürlich hängt das von vielen Faktoren ab und die Zahl ist sehr verallgemeinert, sie hilft aber, sich eine grobe Leistungsfähigkeit des Prototyps vorzustellen).
Mit den Fördermitteln aus dem Strukturwandeltopf geht das Projekt jetzt in die zweite Phase. Die Pilotanlage in Zittau könnte noch dieses Jahr entstehen, weil die wasserrechtliche Genehmigung schon vorliegt. In Weißwasser wird wohl erst 2024 gebaut, weil hier die Genehmigung noch fehlt. In der Glasmacherstadt will man mit der Testanlage das Gebäude der Stadtwerke beheizen, in Zittau wird die Wärme ins Fernwärmenetz gespeist. Ziel ist es, die Anlagentechnik weiterzuentwickeln und damit die Leistung zu erhöhen. »Das ist keine Technik, die für ein einzelnes Eigenheim zur Anwendung kommen wird. Es muss schon immer zumindest ein kleines Netz sein«, sagt Thomas Gubsch. Und es wird auch nicht als einziges System die Nutzung der Abwärme aus Kohlekraftwerken ersetzen können. Aber es könnte ein Baustein dafür sein.
Forschung für Mobilität der Zukunft
Letzte Station des Staatsministers an diese Förderübergabe-Marathon war der Siemens Innovationscampus in der Stadt Görlitz. 1,8 Millionen Euro erhält die Technische Universität Dresden gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU und dem Zweckverband Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien (ZVON) für das Projekt WALEMObase. Hier sollen autonomes Fahren sowie wasserstoffbasierte Antriebe unter Nutzung von Leichtbau erforscht und erprobt werden. Ziel ist es, die Lausitz zu einer Modellregion für Wasserstoff in mobilen Anwendungen im ÖPNV, Logistik und Arbeitsmaschinen zu entwickeln.
Mehr als 100 Strukturwandel-Projekte hat der Regionale Begleitausschuss inzwischen zur Förderung ausgewählt, mit einem Volumen von mehr als eine Milliarde Euro.
Visualisierung Titelbild: Silke Richter