Lausitzer Industrie im Klimawandel: Politik muss liefern
Eine Buchrezension von Max Löcher, Cottbus
Keine Angst vor dem Wandel in der Industrie – das will ein Fachbuch des Kompetenzzentrums Klimaschutz in energieintensiven Industrien (KEI) vermitteln. Es zeigt die Herausforderungen, besonders aber die positiven Seiten für die Industrie in Deutschland.
Aus der Sommerausgabe 2023 des STARK für die LAUSITZ-Magazins
Das im April 2023 vom Kompetenzzentrum Klimaschutz in energieintensiven Industrien (KEI) mit Sitz in Cottbus herausgegebene Fachbuch „Akzeptanzstrategien in den energieintensiven Industrien – Aus der Praxis für die Praxis“ sorgt seit der Veröffentlichung für Aufsehen bei Politik und Industrie. Verfasst wurde es von einer Autorengruppe aus den Bereichen der Industrie, Wissenschaft und Verbände. In den 415 Seiten werden die künftigen Herausforderungen und Lösungsansätze zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in Deutschland beschrieben. Das Buch konzentriert sich insbesondere auf die energieintensiven Industrien, die einen bedeutenden Anteil an den Treibhausgasemissionen des Landes haben. Ein zentraler Ansatz besteht darin, technologische Innovationen zu fördern, um die Energieeffizienz in den Industrien zu verbessern und den Einsatz klimafreundlicher Technologien zu ermöglichen. Dies beinhaltet die Entwicklung und Implementierung von emissionsarmen Produktionsprozessen, den Einsatz erneuerbarer Energien sowie die Nutzung von Energieeinsparungen und Energieeffizienzmaßnahmen.
Grüne Energie in der Lausitz
Die Autoren erläutern detailliert die verschiedenen Aspekte der Akzeptanz, sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene. Dabei werden die vielfältigen Herausforderungen und Hindernisse aufgezeigt, mit denen die energieintensiven Industrien konfrontiert sind. In Bezug auf die Situation in der Lausitz verdeutlicht das Buch die dringende Notwendigkeit, alternative Wirtschaftsmodelle zu entwickeln und umzusetzen, um den Strukturwandel voranzutreiben. Die Region steht vor großen Herausforderungen, da sie stark von der Kohleindustrie abhängig ist und gleichzeitig den Übergang zu einer nachhaltigen Energieversorgung bewältigen muss. Die kritische Analyse der aktuellen Situation liest sich spannend – besonders aus dem Blickwinkel eines Lausitzers. Dennoch scheinen einige Punkte nicht ausreichend behandelt, so etwa die Schaffung neuer Arbeitsplätze durch erneuerbare Energien, der Fachkräftemangel an sich und die Förderung von alternativen Wirtschaftszweigen. Denn dies sind entscheidende Faktoren für eine erfolgreiche Transformation auch in der Lausitz. Es wäre gut gewesen, wenn das Buch konkrete Vorschläge und Fallstudien zu diesem Thema geliefert hätte. Darüber hinaus wäre wichtig gewesen, stärker auf die soziale Integration der betroffenen Bevölkerung einzugehen. Der Strukturwandel in der Lausitz hat Auswirkungen auf die Menschen vor Ort, ihre Lebensgrundlagen und ihre Identität. Es hätte das Buch aufgewertet, wenn eine Strategie aufgezeigt würde, wie soziale Integration gefördert und die Bedürfnisse der Menschen berücksichtigt werden können.
Auf schwierigen Gleisen unterwegs
Für die Lausitz eröffnet das Buch faszinierende Perspektiven für die Entwicklung einer nachhaltigen Infrastruktur. Es wird deutlich, dass eine erfolgreiche Transformation nicht nur den Ausbau erneuerbarer Energien umfasst, sondern auch die Verbesserung des Transportsystems, den Aufbau von Ladeinfrastruktur für Elektromobilität, die Schaffung von Bildungseinrichtungen für erneuerbare Energien und die Förderung von Forschung und Entwicklung in diesen Bereichen. Die Autoren präsentieren auch Fallstudien und Best-Practice-Beispiele, die zeigen, wie eine nachhaltige Infrastruktur in anderen Regionen erfolgreich umgesetzt wurde. Diese Beispiele sollten als Inspiration für die Lausitz dienen und zeigen, dass eine Transformation der Infrastruktur möglich ist, um die Energiewende voranzutreiben und gleichzeitig wirtschaftliche und soziale Chancen zu schaffen. Trotz einiger Fortschritte und positiver Entwicklungen steht der Lausitz noch ein langer, steiniger Weg bevor. Die Schaffung von dieser Infrastruktur ist nur möglich, wenn die Politik liefert. Wenn der Bus im ländlichen Raum nur dreimal am Tag fährt oder der Schienenausbau nicht ausreichend vorankommt, dann wird ein Strukturwandel in der Lausitz nicht gelingen. Das ist richtig.
Allerdings sind gerade diese Tatsachen längst bekannt – dafür allein braucht es dieses Buch.
Die andere Seite der Medaille
So gut die Ansätze im Buch auch sind, desto schwieriger scheint die Umsetzung in Deutschland. Aufgezeigt werden die Hürden der rechtlichen Aspekte der Energiewende. Ein Kapitel liefert eine fundierte Analyse der aktuellen planungs- und genehmigungsrechtlichen Rahmenbedingungen für energieintensive Industrien. Die Autoren beleuchten die rechtlichen Herausforderungen, mit denen Unternehmen und Entscheidungsträger konfrontiert sind, insbesondere im Hinblick auf den Ausbau erneuerbarer Energien und die Schaffung neuer Infrastruktur. Dabei werden sowohl nationale als auch europäische Gesetze und Richtlinien berücksichtigt. Parlamente werden gewählt und das Machtverhältnis kann sich jederzeit ändern, eine komplette Konstante für die Energiewende besteht also nicht. Im Umkehrschluss kann dies Investoren abhalten zu investieren oder neue Start-Ups bekommen vielleicht keine weiteren Fördermittel. Am Ende braucht es eine planbare Lösung auf nationaler und europäischer Ebene, damit der Strukturwandel und die Klimaneutralität schneller und effektiver bewältigt werden können.
Der erhellende Blick in die Zukunft
Insgesamt liefert „Akzeptanzstrategien …“ eine umfassende Betrachtung der anstehenden Herausforderungen. Das Buch regt zum Nachdenken an und bietet wertvolle Einblicke, bei aller Kritik kann es eine wertvolle Informationsquelle für Fachleute, Entscheidungsträger und Interessierte, die sich mit der Energiewende und dem einhergehenden Strukturwandel auseinandersetzen, sein. Insbesondere in Bezug auf die Lausitz und ihrer spezifischen Situation leistet das Buch einen Beitrag zur Diskussion und kann als Leitfaden dienen. Doch ohne engagierte Unternehmer, Investoren, Forscher und Politiker wird der Prozess nicht gelingen.
Zum Autor
Max Löcher ist 22 Jahre alt und wohnt in Cottbus. Er hat erfolgreich das Abitur absolviert und beginnt im Herbst ein Studium. In seiner Schulzeit war Max Sprecher und Landesdelegierter beim Kreisschülerrat Cottbus. Seitdem begeisterte ihn Politik und er wurde Mitglied in der Jungen Union Cottbus und der CDU. 2019 trat er als jüngster Stadtverordnetenkandidat in Cottbus an, allerdings verfehlte er den Wahlsieg. Ehrenamtlich engagiert sich Max seit 2021 beim Technisches Hilfswerk (THW) Cottbus und ist dort Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit. „Bereits in der Schulzeit war mir klar, ich möchte an einem friedlichen und erfolgreichen Europa mitwirken. Globale und nationale Zusammenhänge, ihre Ursachen und Folgen faszinieren mich seither. Daher habe ich meine bisherige Arbeit stets national wie auch international ausgerichtet. Mir liegt meine Heimat am Herzen und ich möchte mich weiterhin hier engagieren, damit der Strukturwandel gelingt.“
Weitere spannende Beiträge über Macher, Unternehmer, deutschlandweit einzigartige Projekte „Made in Lausitz“ usw. lesen Sie in der Sommerausgabe 2023 des »STARK für die LAUSITZ«-Magazins des WochenKurier. Das Magazin finden Sie kostenfrei in vielen Auslagenstellen in der Ober- und Niederlausitz sowie als E-Paper hier.