Guben ist die (Smart City) Stadt!
Wie ein digitales Modellprojekt die Lebensqualität in der Neißestadt steigern soll
Aus der Herbstausgabe des STARK für die LAUSITZ-Magazins 2023.
Smart City: Ein Begriff, der in der aktuellen Zeit sicherlich vielen schon einmal begegnet ist. Doch was steckt genau dahinter? Und warum geht die Europastadt Guben den Weg in die smarte Zukunft?
Im Juli 2021 teilte das Bundesministerium für Inneres und Heimat mit, dass 28 Projekte in die dritte Staffel des Förderprogramms „Modellprojekte Smart Cities: Stadtentwicklung und Digitalisierung“ aufgenommen wurden. Unter deutschlandweit insgesamt 73 Städten, Kreisen, Gemeinden und interkommunalen Kooperationen konnte sich dabei auch die Stadt Guben im Spree-Neiße-Kreis durchsetzen. Die rund 40 km nordöstlich von Cottbus entfernte Kleinstadt lebt seit mehr als 30 Jahren den Europagedanken gemeinsam mit der Partnerstadt Gubin.
Geprägt als ehemaliger Industriestandort für Textilwirtschaft und Chemie hat Guben seit der Wende besonders mit Problematiken wie dem demografischen Wandel und daraus resultierendem Fachkräftemangel zu kämpfen. Dabei haben sich mit dem deutsch-kanadischen Unternehmen Rock Tech sowie dem Fleischsnack-Hersteller Jack Link’s mit der bekannten BiFi-Salami zwei internationale Firmen mit weltweiter Strahlkraft kürzlich hier angesiedelt. Und das soll noch nicht die letzte dieser Ansiedlung dieser Größenordnung gewesen sein!
Steigende Hochwasser- und Waldbrandgefahr, die Vogelgrippe und die Schweinepest stellen die Stadt neben der Fachkräftethematik vor große Herausforderungen. Digitale Lösungen mithilfe des Smart-City-Modellprojekts sollen helfen, diese Herausforderungen zu bewältigen.
Was versteht man unter Smart City?
Zusammengefasst ist Smart City ein Sammelbegriff für städtische Entwicklungsstrategien und -konzepte, die darauf abzielen, Möglichkeiten der digitalen Informations- und Vernetzungstechnologie für die Stadtentwicklung zu nutzen. Die Strategien beziehen sich dabei nicht nur auf die klassischen kommunalen Verwaltungsdienste, sondern zunehmend auch auf Infrastrukturen zur Daseinsfürsorge, wie zum Beispiel die Wasser- und Energieversorgung, Bildung und Gesundheitsvorsorge, Verkehrswegenetze und verbundene Beförderungsmöglichkeiten oder Müll- und Abwasserbeseitigung. Dadurch soll die Teilhabe und Lebensqualität erhöht und eine ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltige Kommune oder Region geschaffen werden.
Foto: Stadt Guben
„Mit dieser Vielzahl an innovativen und zukunftsfähigen Projekten werden wir Guben sowie die Region noch stärker zu einem attraktiven Lebens- und Arbeitsstandort machen.“
Gubens Bürgermeister Fred Mahro
Konkret für Guben bedeutet das:
Die Stadt Guben ist eine von vier Modellregionen in Brandenburg und mit 17.000 Einwohnern die kleinste ostdeutsche Stadt, die für dieses Projekt vom Bund auserwählt wurde. Die Förderung durch den Bund beläuft sich dabei auf 65 Prozent der Gesamtkosten. Es soll ein Leuchtturmprojekt mit Tragweite für die Region werden und somit Vorbild für andere Kommunen in der Lausitz, vor allem aber auch für die polnische Partnerstadt Gubin sein.
Smart City Büro als Anlaufstelle
Ein fester Anlaufpunkt für Ideen und Fragen zu Smart City ist das Smart City Büro in der Frankfurter Str. 6 in Guben. Es soll als öffentliche Anlauf- und Koordinationsstelle für das Thema genutzt und etabliert werden. Die Bürgerinnen und Bürger können sich hier über das Projekt informieren und mit den Mitarbeitenden der Verwaltung ins Gespräch kommen. Außerdem soll es ein Treffpunkt für Smart City Macherinnen und Macher werden, die das Projekt ehrenamtlich unterstützen. Sprechzeiten sind am Dienstag von 9 bis 17 Uhr und am Donnerstag von 9 bis 14 Uhr sowie nach Vereinbarung.
Guben Cockpit
Unter dem Arbeitstitel „Guben Cockpit“ ist eine Webanwendung geplant, wo u.a. auf einer interaktiven Karte von Guben und den Ortsteilen Informationen zu folgenden Themen gesammelt und bereitgestellt werden:
- Stadtentwicklung und Teilhabe
- Nachhaltige Mobilität
- Klima und Umwelt
- Energie und Wirtschaft
- Gesundheit und Kultur
„Es geht vor allem darum, nutzbare Daten für die Öffentlichkeit transparent darzustellen“, so das Projektteam ‚Smart City Guben‘. Die Entwicklung des Guben Cockpits erfolgt partizipativ mit verschiedenen Interessensvertretern und der Bürgerschaft als spätere Nutznießende. Hierfür werden z.B. Workshops und digitale Beteiligungsmöglichkeiten genutzt, um regelmäßig Bedarfe abzufragen, Prioritäten festzulegen und die Nutzerfreundlichkeit sicherzustellen. Auf der Eröffnungsveranstaltung zur Innovationswoche Anfang September 2023 konnten die Gubener offenlegen, welche digital bereitgestellten Informationen für sie besonders wichtig wären.
Dazu zählen:
- Informationen zu aktuellen und geplanten Projekten, Ergebnisse aus Bürgerbeteiligungsprozessen
- Bus- und Bahnfahrpläne nach Polen und überregional nach Cottbus, Forst, Frankfurt/Oder, innerstädtische Busfahrpläne, aber auch Informationen zu Infrastrukturen, wie z.B. Auslastung Parkplätze, Ladestationen etc.
- Zuschüsse und Fördermöglichkeiten für Unternehmen und Gründungswillige, aktuelle Wetterdaten und Wetterprognosen, Energieverbrauch öffentlicher Gebäude und Anteil erneuerbarer Energien
- Eine Komplett-Übersicht über die Gesundheitseinrichtungen, Veranstaltungen und Kulturangebote, Informationen zu Vereinen mit Ansprechpartnern
››Man muss kein IT-Experte sein, um davon zu profitieren‹‹
Eine Sache möchte das Projektteam der Stadt Guben von Anfang an klarstellen: Um von dem Smart-City-Projekt profitieren zu können, müsse man kein IT-ler sein. „Es sind einfache Lösungen, Fragen und Antworten, die für jeden Gubener und jeden Gast hilfreich sein können“, erklären sie. Die Bürgerbeteiligung ist ein zentrales und wichtiges Element des gesamten Projektes. „Den Menschen, die hier aufgewachsen und groß geworden sind, müssen wir eine so angenehme Zukunft wie möglich bieten, wozu neben den jetzt schon feststehenden neuen Berufsperspektiven auch ein attraktives Lebensumfeld gehört.“
Dass einige, die Guben zur Ausbildung oder Studium verlassen haben, sich schon Gedanken über ihre Rückkehr machen, zeigte jüngst ein Rückkehrer-Stammtisch in Dresden. Von den 35 Teilnehmern machte vor allem die jüngere Generation, die noch nicht so familiär in einer Region verwachsen ist, deutlich, dass sie eine Rückkehr in ihre Heimat schon bald oder in den nächsten zwei bis drei Jahren anpeilt. Um aktuelle Stadtprojekte, Wirtschaftsansiedlungen und die Entwicklung weicher Standortfaktoren schon aus der Ferne im Blick zu behalten, bietet die Smart City Guben ein unheimlich großes Potenzial. Damit können potenzielle Rückkehrer und Zuzügler nämlich schon jetzt die Zukunft entscheidend mitgestalten, indem sie Wünsche, Projekt-Ideen, Anregungen o.Ä. digital einreichen können.
Mehr Informationen unter: www.smart.guben.de oder direkt Beteiligen unter: mitmachen.guben.de
Foto: Stadt Guben
››Unterstützung der Unternehmen genießt höchste Priorität‹‹
„Die Stadt Guben spielt mit ihrer besonderen geographischen Lage an der deutsch-polnischen Grenze, aber insbesondere mit dem Ausweis eines Industriegebietes im Strukturwandel eine besondere Rolle. Ein Ziel des Strukturwandels ist es, Ersatz für die rückläufigen Industriearbeitsplätze in der Braunkohleverstromung zu schaffen. Dazu bietet die Stadt Guben mit dem Industriegebiet und der Absicht einer Erweiterung der Industriefläche beste Voraussetzungen. Es ist existenziell für uns, qualifizierte Fachkräfte für die Sicherung der vorhandenen und der sich ansiedelnden Unternehmen bereitzustellen. Dazu wird es notwendig sein, attraktive Arbeits- und Lebensbedingungen vorzuhalten. Dazu zählen nicht nur Kindertagesstätten und Schulen, sondern auch ein leistungsstarkes Krankenhaus, eine Musikschule, eine Bibliothek und moderne Sportanlagen.
Fred Mahro, Bürgermeister von Guben
Viele Projekte in diesem Zusammenhang werden bereits realisiert, weitere liegen abrufbereit in der Schublade. Die Unterstützung der ansässigen Unternehmen und die Fortsetzung weiterer Ansiedlungen genießen bei mir höchste Priorität.
Die Schaffung attraktiver Ausbildungsplätze für unsere Jugendlichen muss durch die Fortsetzung unserer Rückkehrerinitiativen und ein weiter zu verbesserndes Außenmarketing kombiniert werden. Für unsere Gemeinschaft ist zudem das ehrenamtliche Engagement von großer Bedeutung. Unser Stadtzentrum bietet weitere Potenziale. Was mit der Installation des Rathauskomplexes seinen Anfang genommen hat, muss eine Fortsetzung finden.“
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Der engagierte Kommunalpolitiker wird für den Landtag kandidieren. Was wird, wenn der »Macher« seinen Posten verlässt? Seine Antwort gibt es hier.
„STARK für die LAUSITZ“ mit großem Spree-Neiße-Special
Im Oktober 2023 erschien die aktuellste Ausgabe des „STARK für die LAUSITZ“-Magazins des WochenKurier. Dieses Magazin ist von den Leuchtturm-Projekten des Landkreises Spree-Neiße sowie der Städte Forst, Guben und Spremberg geprägt. Natürlich werfen wir aber auch wie immer einen Blick auf aktuelle Entwicklungen in der Oberlausitz. Das alles haben wir unter dem Titel „Wandel durch Innovation“ auf 48 Seiten kompakt dargestellt.
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