Eindringliche Botschaft: Bauforschungszentrum „LAB“ muss nach Bautzen und in die gesamte Oberlausitz kommen
Ein Forschungszentrum, das sich mit aktuellen Hauptthemen unserer Gesellschaft beschäftigt: Wohnen, Infrastruktur und CO2-Reduzierung. All das soll das „LAB – Living Art of Building“, mit Sitz in Bautzen und der gesamten Oberlausitz vereinen. Zum aktuellen Stand gab es kurz vor der Bundestagswahl eine Pressekonferenz in Dresden.
Jannis Simons
Wenige Tage vor der Bundestagswahl lud das Initiatoren-Team des geplanten Bauforschungszentrums in der Oberlausitz „alle Politiker derjenigen Parteien ein, die Unterstützung für das LAB schon in der Vergangenheit gezeigt haben und auch in Zukunft Unterstützung zugesagt haben“, erklärte Projektleiter Prof. Manfred Curbach. Das Team hatte 2021 mit dem Vorschlag, ein neuartiges Bauforschungszentrum mit dem Namen „Lausitz Art of Building“ zu gründen, am Wettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung für ein Großforschungszentrum zur Unterstützung des Strukturwandels in der Lausitz teilgenommen. Letztlich erhielt das Deutsche Zentrum für Astrophysik (DZA), welches sich bereits in Görlitz in der Aufbauphase befindet, den Zuschlag. Trotz diesem damaligen Rückschlag im Jahr 2022, haben die Initiatoren um Prof. Curbach weiter für die Idee eines Bauforschungszentrums in der Region gekämpft.
Erklärtes Ziel war und ist es, das LAB als Schlüssel für klimaneutrales und ressourceneffizientes Bauen in der Lausitz rund um den geplanten Hauptstandort in Bautzen anzusiedeln. Dieses Ziel rückte Ende 2023 wieder in greifbare Nähe, als der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages am 17. November beschlossen hatte, dem Bauforschungszentrum unter dem neuen und mittlerweile aktuellen Namen „LAB – Living Art of Building“ in den kommenden fünf Jahren insgesamt 68,6 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Im Sommer des vergangenen Jahres hatte der Haushaltsausschuss das von der Bundesregierung vorgelegte Etablierungskonzept gebilligt und die Haushaltsmittel freigegeben. Auf der Oberlausitzer Seite haben zudem die Landkreise Bautzen und Görlitz zugesagt, den Aufbau mit bis zu 450 Millionen Euro aus den Strukturwandelmitteln zur Verfügung zu unterstützen, um im ersten Schritt in Büro- und Laboreinrichtungen sowie die nötige Infrastruktur investieren zu können. Mit dem vorzeitigen Ende der Ampel-Regierung und dem fehlenden Haushalt geriet das Millionenprojekt zuletzt etwas ins Stottern.
Doch das Projektteam hält weiter motiviert an seinen Plänen fest. Mitte dieses Jahres soll hier schon aktiv mit der Arbeit begonnen werden. So geht es erst für das Projektteam nun erst einmal darum, die formalen Voraussetzungen zu schaffen, dem Bund die Gründung so eines Großforschungszentrums zu ermöglichen. Eine Menge von Vorgaben gilt es dabei zu erfüllen. Auf ein Gutachten einer externen Beratungsfirma, das nach Bundeshaushaltsordnung nötig ist, damit der Bund sich an dem Forschungszentrum beteiligen und entsprechende Gelder zur Verfügung stellen kann, werde jetzt sehnsüchtig erwartet. Im April soll es vorliegen.
Bis zu 30.000 neue Arbeitsplätze
„Unglaublich viele Firmen haben Interesse an den künftigen Forschungsergebnissen des LABs“, meint Prof. Curbach, der damit rechnet, dass viele dieser Firmen selber einige Forschungseinrichtungen neben dem LAB installieren und somit eigene Produktionen etablieren werden. Durch diese direkte Kopplung des LABs erhoffen sich die Projektverantwortlichen bis zu neue 10.000 Arbeitsplätze in der Region, neben den rund 1.250 Wissenschaftlern, die direkt im LAB forschen und entwickeln sollen. Das bedarf wiederum Schulen, Kitas, Ärzte und weitere sämtliche Versorgungseinrichtungen, womit die Projektbeteiligten in Summe bis zu 30.000 Arbeitsplätze im Gesamtumfeld erwarten.
Cottbus, Hoyerswerda, Weißwasser, Niesky und Weimar als (Neben-)Standorte
Auf die Frage, ob Weimar und das Bundesland Thüringen dem geplanten LAB in der Oberlausitz noch im Wege stehen könnten, entgegnet Prof. Curbach nur: „Die Grundidee des LABs kommt aus Sachsen. Wir haben hier eine hervorragende Tradition, was das Bauen mit den verschiedensten Materialien anbelangt.“ Neben dem Hauptstandort in Bautzen, sind auch Niesky mit seiner Holzbautradition, Weißwasser wegen seiner Glasbautradition, Hoyerswerda als Hochburg des seriellen Bauens als weitere Standorte in der Oberlausitz im Gespräch, die sich gegenseitig ergänzen sollen. Ebenso sind ‚Brücken‘ des Forschungszentrums bis nach Cottbus, insbesondere bis zur BTU Cottbus-Senftenberg, mit deren Expertise in der Kreislaufwirtschaft geplant, sodass Teile der Forschung auch in der Boomtown durchgeführt werden könnten. Und Weimar? „Da ist die Bindemittel-Forschung sehr weit gediegen. Eine enge Zusammenarbeit mit all diesen Orten erscheine damit sehr sinnvoll“, erläutert Prof. Curbach. Das LAB könnte demnach wohl mehrere Standorte bundesweit haben, die gemeinsam an der Umsetzung der Vision arbeiten. Neben dem Freistaat Sachsen haben eben u.a. auch schon die Bundesländer Thüringen und Brandenburg ihr Interesse zur Mitarbeit und Beteiligung an der Finanzierung bekundet. Die eindringliche Botschaft aller Anwesenden auf dieser Pressekonferenz in Dresden an diesem Tag lautete: Das LAB muss nun in den kommenden Koalitionsvertrag aufgenommen werden, damit es möglichst schnell gegründet werden kann. Und der Hauptsitz muss in Bautzen sein.
Foto: Simons
Bautzens Landrat Udo Witschas sieht vor allem aus der Kombination des möglichen Net Zero Valleys Lausitz und dem LAB eine perfekte Ausgangslage und eine sehr große „Transformationschance“ für die gesamte Lausitz. Dass die Unternehmen sich in der Forschung von Anfang an einbringen können, dafür werde dieses LAB stehen, ist sich Witschas sicher, der sich seit Anfang an sehr stark für das LAB einsetzt. Erst in dieser Woche war der Landrat mit dem LAB-Initiator Prof. Curbach im Sächsischen Ministerium für Infrastruktur und Landesentwicklung (SMIL), um mit der neuen Ministerin Regina Kraushaar das weitere Vorgehen zu besprechen und die Umsetzung des Projekts voranzutreiben. Witschas freute sich nach dem Gespräch sehr, mit der Ministerin eine weitere „leidenschaftliche Mitstreiterin“ für das LAB an der Seite aller Projektbeteiligten zu wissen, teilte er auf seinem Facebook-Account mit.
„Es liegt was in der Luft“
Auf der Pressekonferenz wurde deutlich gemacht: Deutschland hat einen hohen Nachholbedarf im Bereich: effizienten und klimaneutralen Wohnraum schaffen. Die Defizite seien unübersehbar, denn neuer Wohnungsbau passiert aktuell zu wenig und wenn dann meist zu teuer. Neue Verfahrensprozesse benötigen oft drei bis fünf Jahre, ehe sie aktiv in die Umsetzung können. Manche Rohstoffe, wie Sand, werden schon knapp. Eine angestrebte Klimaneutralität bis 2045 bedarf unbedingt neue Wohnbaukonzepte.
Die großen internationalen Forschungseinrichtungen beschäftigen sich fast ausschließlich mit dem Betrieb von Gebäuden. Beim LAB liegt der Fokus aber auf der Herstellung. Die Lösungen würden national, europäisch und international für neue Möglichkeiten beim Bauen sorgen. Das Team hinter dem LAB ist dabei in seiner Zusammensetzung einmalig: Experten aus Industrie, Architektur, Ingenieurwesen, Wirtschafts-, Kultur,- und Sozialwissenschaften sowie Nanotechnik, Material- und Werkstoffforschung, Informatik, Chemie und Stadtplanung arbeiten hierbei zusammen. Wenn alles wie geplant läuft, wäre das LAB das größte Forschungszentrum seiner Art und das in der Lausitz.
Zum Abschluss der Pressekonferenz meinte Prof. Curbach als Kopf des gesamten Projektteams hoffnungsvoll:
„Es liegt was in der Luft, es muss nun endlich losgehen.“
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