Cottbus: „Wir sind und wollen Großstadt sein“
In den vergangenen Wochen ploppte in den überregionalen Medien die Meldung auf: „Cottbus ist wieder Großstadt“. Wenige Tage später vermeldete der Zensus: Kommando zurück – zur Großstadt fehlen rund 6.000 Einwohner. STARK für die LAUSITZ vom WochenKurier hakte nach: Was denn nun wirklich zählt, wie sich die Stadt Cottbus fühlt sowie mit welchen Chancen und zugleich Herausforderungen sich die Verwaltung bei der Stadtentwicklung aktuell konfrontiert sieht.
Jannis Simons
Ist Cottbus ist wieder Großstadt. Oder nicht? Die Dezernentin für Stadtentwicklung, Mobilität und Umwelt, Doreen Mohaupt, meint: „Für uns als Stadt zählt die Zahl des hauseigenen Melderegisters.“ Und dieses Register zählt 100.011 Einwohner zum Stichtag 31. Dezember 2023, womit der interne Status, aber auch der Anspruch der Stadtverwaltung schnell klar wird. Diese Zahl nennt auch das Amt für Statistik Berlin/Brandenburg. Die Abweichungen betreffen nicht nur Zahlen der Stadt Cottbus/Chóśebuz, sondern sind ein bundesweites Thema für insbesondere mittlere bis größere Universitätsstädte. Weitere, konkretere und aktuellere Zahlen, die im August und Dezember zum Zensus übermittelt werden, sind abzuwarten. Doch Fakt ist, es gibt sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene immer wieder neue Erhebungen. Die letzte Zahl vom Zensus bezog sich auf das Jahr 2022, eines der noch auslaufenden „Corona-Jahre“, was natürlich auch die Zahl Studierender von außerhalb in der Stadt stark einschränkte, nennt Pressesprecher Jan Gloßmann einen möglichen Grund für die stark abweichende Zahl von 94.000 Einwohner laut dieser Statistik. Die Stadt lässt sich von diversen Rechenspielen nicht beirren. „Wir sind und wollen Großstadt sein“, lautet die Devise und wird von den Stadtverantwortlichen intensiv gelebt.
Das neue Bahnwerk, die kürzlich gegründete Universitätsmedizin „MUL CT“, der in Planung befindliche Lausitz Science Park (LSP) und zahlreiche andere Strukturwandelprojekte im näheren Umkreis von Cottbus versprechen, dass um die 10.000 neue Arbeitsplätze direkt in der Lausitzmetropole entstehen. „Wir sind dabei, die Weichen zu stellen, dass viele neue Menschen gerne nach Cottbus kommen wollen“, so Mohaupt und verweist z.B. auf neue Wohnkonzepte, wie das entstehende Quartier in der Briesmannstraße, wofür kürzlich der erste Spatenstich seitens der Gebäudewirtschaft Cottbus GmbH vollzogen wurde. Auch ein neues Baugebiet für den Standort des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums (DLR), Fraunhofer und weiterer Institute am Erlebnis- und Freizeitbad Lagune befindet sich bereits in Planung. Ebenso soll es mehr Möglichkeiten für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser im Stadtbild geben. Das alles passiert stufenweise.
Planungsstand zur Cottbuser Seevorstadt
Am Rande des Cottbuser Ostsees soll ein neuer Stadtteil, die Cottbuser Seevorstadt entstehen. Rahmen- und Masterplan wurden beschlossen, Arten- und Naturschutz wurden erfasst. Derzeit befinden sich die Planungen für die erste Trasse für Fußgänger und Radfahrer in der baurechtlichen Prüfung. Noch in diesem Jahr wird mit einem Ergebnis gerechnet, sodass erste Baumaßnahmen geplant werden können. Beginnend in 2025 sollen sowohl die Seeachse als auch der 26 km lange Rundweg um den Ostsee komplett realisiert werden. Lückenschließungen, Asphaltierungen, in die Breite gehen, das Schaffen von Verweilinseln und das Aufstellen von Bänken, Mülleimern, Spielgeräten gehören dazu, um nur ein paar Maßnahmen zu nennen.
Die größten Herausforderungen der Stadt werden aber die Schaffung der notwendigen Strukturen rund um die MUL, das Bahnwerk und der LSP an sich sein. Insbesondere der LSP verlangt den Stadtplanern alles ab. „Davon sieht man draußen nur noch nichts“, erklärt Mohaupt.
Zum Vergleich: Der Wissenschaftspark Adlershof in Berlin, mit dem der LSP eng kooperiert und mit dem die Zusammenarbeit schon jetzt spürbar ist, habe mit seinen Planungen in den 1990er Jahren angefangen. Es hat also knapp 30 Jahre gebraucht, um diesen Park in der hohen Qualität zu entwickeln, wie er heute ist. Zurecht beschreibt Mohaupt, dass die Stadt Cottbus diesbezüglich noch einen langen Weg vor sich habe. Doch bereits jetzt sei dafür in vielen Bereichen schon reichlich „Bewegung drin“. Erschließungsmaßnahmen, wie durch Rodungen für den Bau von Gebäuden des DLR und der Fraunhofer-Institute sind gestartet, Grundstücksfragen werden nach und nach geklärt und zuletzt wurde eine Rahmenvereinbarung zwischen der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) und der Stadt unterzeichnet. Wohngebiete, Bildungseinrichtungen in der Nähe sowie eine neue Straßenbahntrasse um das riesige Gelände, die bis nach Kolkwitz führen soll, sind in den langfristigen Planungen enthalten. Somit werden schon jetzt viele Voraussetzungen im Hintergrund geschaffen. Dass Tobias Schick von zwei neu entstehenden Stadtteilen spricht, wie der Cottbuser Oberbürgermeister die Entwicklung der Gesamtprojekte einordnet, unterstreicht die gewaltigen Dimensionen sowohl am künftigen LSP als auch am Cottbuser Ostsee.
Stadt am Fluss erlebbar machen
In den vergangenen Jahren habe es immer wieder Diskussionen zu ganz speziellen Projekten und Möglichkeiten für zukünftige Fortbewegungsmittel in der Stadt gegeben. Eine Seilbahn, mit der vom Cottbuser Stadtzentrum aus der Ostsee und die zukünftige Seevorstadt erschlossen werden könnten, stand zur Debatte. Ebenso ein künstlich angelegter Altstadthafen samt Wasserkanal in der Innenstadt, die von einer Gruppe Cottbuser zum Thema gemacht wurde. Doch wird von diesen Projekten eigentlich noch irgendwas verfolgt? Hier ist eher eine größere Zurückhaltung zur Umsetzbarkeit vorhanden. So besagte eine technische Machbarkeitsstudie, dass die Seilbahn-Idee zwar grundsätzlich „machbar“ sei. Es würden aber noch andere Prüfverfahren dazu notwendig sein, die fünf bis sieben Jahre dauern können und derzeit nicht in Aussicht stehen. „Bus und Straßenbahn werden daher in naher Zukunft weiterhin das Mittel der Wahl im ÖPNV bleiben“, schaut Doreen Mohaupt voraus. Auch das Auto in der Innenstadt soll in absehbarer Zukunft nicht verbannt werden. „Eine komplett autofreie Innenstadt stand auch nie zur Debatte, es war immer von autoärmer die Rede“, versichert die Stadtplanerin. Ein gutes Beispiel kann da die Stadt Wien in Österreich sein. Dort sind Autos in der Innenstadt nicht verboten, Fußgänger und Radfahrer haben aber einen größeren Vorrang. Um dieses Konzept in Cottbus stringenter zu verfolgen, benötige es noch mehr Fahrradabstellanlagen, mehr Lademöglichkeiten für E-Bikes, Parkhäuser usw., ist sich Mohaupt bewusst. „Wir sind da auf dem richtigen Weg, aber es braucht sehr viel Zeit, Geduld und Verständnis.“ Immerhin gibt es mit der Puschkinpromenade als Fahrradstraße einen ersten Test in der Innenstadt.
Auch wenn der Traum eines Wasserkanals samt Altstadthafen in der City wohl ‚davongeschippert‘ ist, soll Cottbus seine Verbindung zur Spree künftig als „Stadt am Wasser“ weiter stärken. Viele Cottbuserinnen und Cottbuser wünschen sich seit Jahren, dass die Spree zugänglicher gemacht wird und ein Erlebnisraum entsteht. Dabei gilt es, die vorhandenen und zukünftigen Vorzüge des Wassers zu nutzen und die Spree sowie den künftigen Cottbuser Ostsee durch punktuelle Öffnung und Erschließung in der Stadt erlebbar zu machen. Stand-up-Paddeling oder Grillplätze – die Cottbuser sollen nicht nur am, sondern mit dem Fluss leben. Dazu wurde vor kurzem auch eine Bürgerbefragung online und Formate der Mitsprache wie beim Drachenbootrennens an der Spree Ende Juni angeboten. Die Resonanz bisher ist riesig. Bis Ende des Jahres sollen erste Ergebnisse der Studien vorliegen, damit im nächsten Jahr die ersten Projekte gestartet werden können.
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Ideen zur zukünftigen Gestaltung der Spree können Interessierte hier online abgeben.
Weichen auf Wachstum gestellt
Eins wird klar: Die Stadtverantwortlichen der Lausitzmetropole und Boomtown, wie Cottbus im Rahmen des Strukturwandels von vielen genannt wird, setzen auf eine stabile Trendentwicklung. Sie stellen bereits jetzt viele Weichen, die auf weiteres (Einwohner-)Wachstum ausgerichtet sind und beschreiten durch die Transformation der gesamten Region neue Wege. Damit soll Cottbus eine neue Visitenkarte hinterlassen und insgesamt ein moderneres Stadtbild in den nächsten Jahren abbilden. In spätestens zehn Jahren sollen viele Skeptiker und Kritiker staunen über den Mut, den viele Cottbuserinnen und Cottbuser beim Beschreiten dieser neuen Wege dann in der Vergangenheit bewiesen haben.
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