Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck in der Lausitz zwischen Freude, Ängsten und der Frage nach Verlässlichkeit
Dr. Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, absolvierte am vergangenen Mittwoch einen echten Lausitz-Marathon. Dabei wurde er sowohl mit Hoffnung und Zuversicht empfangen als auch mit Zukunftsängsten konfrontiert.
Jannis Simons/pm
Großer Andrang am Industrie- und Kraftwerksstandort Schwarze Pumpe. Im prallgefüllten „Dock3 Lausitz“ übergab der Minister am Mittwochmorgen einen Fördermittelbescheid in Höhe von 28,5 Millionen Euro der Referenzkraftwerk Lausitz GmbH (abgekürzt „RefLau“) und dem Forschungskonsortium, bestehend aus der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG, der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg und der Technischen Universität (TU) Dresden. Das Geld kommt aus dem Klima- und Transformationsfonds für das Verbundvorhaben „Reallabor: RefLau – Referenzkraftwerk Lausitz“.
Das Projekt RefLau hatte sich bereits 2019 beim bundesweiten Ideenwettbewerb „Reallabore der Energiewende“ des Bundeswirtschaftsministeriums durchgesetzt und eine Förderzusage erhalten. Strategisches Ziel sei es, die künftige Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Energieträger und Wasserstoff einschließlich der Speicherung und Rückverstromung des Wasserstoffs am Industriestandort Schwarze Pumpe abzubilden. Bis zur geplanten Inbetriebnahme der Anlage im Jahr 2025 sollen erste Kunden gesichert und Synergien bei der Etablierung einer Wasserstoffwirtschaft nutzbar gemacht werden. Habeck würdigte den beharrlichen Willen der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Lausitz, die die Umsetzung dieses Projekt ermöglichten.
Foto: Simons
Neues Wertschöpfungspotenzial
Am Standort im Industriepark Schwarze Pumpe soll das neuartige Kraftwerkskonzept unter ausschließlicher Nutzung erneuerbarer Energien, wie Wind- und Sonnenkraft, die Möglichkeiten der Sektorenkopplung aufzeigen. Durch die Erzeugung von grünem Wasserstoff wird die Nutzung von erneuerbar erzeugter Energie in den Sektoren Verkehr, Industrie und Wärme ermöglicht und damit ein wichtiger Schritt zur Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern gegangen. Das Großprojekt der Partner Energiequelle, ENERTRAG und Zweckverband Industriepark Schwarze Pumpe soll neue Wertschöpfungspotenziale für die Region erschließen. Es soll als Referenz für die Umstellung von konventionellen Kraftwerksstandorten auf erneuerbare Energieerzeugung dienen. „Kraftwerke wie diese müssen jetzt wirtschaftlich marktfähig gemacht werden“, sagte Habeck. Unterstützt wird das Projekt von der ASG Spremberg GmbH, der Wirtschaftsförderung von Spremberg und Spreetal.
Lausitzer Landräte vereinigen sich
Die Landräte der sächsischen und brandenburgischen Landkreise Görlitz, Bautzen, Spree-Neiße und Oberspreewald-Lausitz nutzten den Lausitztermin des Vizekanzlers, um mit ihm über die Errichtung von Wasserstoff-Pipelines in der Lausitz zu sprechen. Wenn es nach den Landräten geht, sollen die Pipelines von der Ostsee bis zur tschechischen Grenze und von Görlitz über Dresden und Chemnitz bis nach Leipzig realisiert werden.
In dem Schreiben, das Minister Habeck am Rande der Fördermittelübergabe übergeben worden ist, heißt es unter anderem, dass die Wasserstoff-Pipelines den Industriestandorten in der Lausitz dabei helfen sollen, einen klimaneutralen Weg zu beschreiten. Zudem dienen die unterirdischen Rohrleitungen dazu, den kontinuierlichen Nachschub von Wasserstoff in der Lausitz zu decken.
In der Lausitz soll mit der „GigawattFactory“ der LEAG das größte Zentrum erneuerbarer Energien Europas mit einer geschätzten Leistung von 7000 Megawatt bis 2030 entstehen, das Strom für 4 Millionen Haushalte liefert. Bis 2040 soll die Leistung auf 14 Gigawatt verdoppelt werden. Doch selbst bei maximalem Ausbau von Photovoltaik (PV) und Windkraftanlangen werde die heimische Wasserstofferzeugung nicht ausreichen, um die ambitionierten Ziele einer C02-armen Wirtschaft in der Region zu erreichen, warmen die sächsischen und brandenburgischen Landräte.
Foto: Landratsamt Görlitz
Nächste Generation will verlässliche Zusagen
Kein gemeinsames Zeichen
Eine Unterschrift Habecks unter dem Papier blieb letztlich aus. „Da wir uns in den Grundaussagen einig sind, finde ich es schade, dass es uns nicht gelungen ist, mit dieser Aktion ein gemeinsames Zeichen zu setzen. Es ist schade, dass es wieder nur lapidare Ankündigungen gab und keine verbindlichen Vereinbarungen“, so Rudolph, die das dem Wirtschaftsminister auch klar und deutlich ins Gesicht gesagt habe. „Wir werden definitiv weiter für unsere Interessen einstehen und auch mit dem Bundeswirtschaftsminister in Kontakt bleiben“, verspricht die Lausitzerin. Den Vertrag, unterschrieben von der JAV, habe Sie Herrn Habeck mitgegeben.
Foto: Laura Frytkowsky
„Braunkohlekonzern grün einfärben“
Wie weit die LEAG in ihrem eigenen Transformationsprozess bereits ist, davon konnte sich Dr. Habeck anschließend in einem Gespräch mit dem LEAG-Vorstandsvorsitzenden Thorsten Kramer am Kraftwerksstandort selbst ein Bild machen. „Wir haben als LEAG unsere Hausaufgaben gemacht und haben die GigawattFactory aus dem Boden gehoben, denn wir haben hier in der Lausitz eine einmalige Chance, die Modellregion für klimaneutrale Energieerzeugung in Europa zu werden“, sagte der LEAG-Chef auf der anschließenden Pressekonferenz. Die Infrastruktur für zukünftige Gaskatwerke sei vorhanden, ebenso engagierte Mitarbeiter und Fachkräfte, die sich darauf freuen, bei den zukünftigen Feldern der Energiegewinnung mitzuarbeiten. Was der LEAG fehle, sind Grundlagen für Investitionsentscheidungen und Maßnahmen zur Infrastrukturbeschleunigung, z.B. durch beschleunigte Genehmigungsverfahren für den Zubau erneuerbarer Energien oder den Ausbau der Gastransportinfrastruktur Ostdeutschlands als Voraussetzung für die Versorgung neuer emissionsarmer Kraftwerke.
Die bisher getätigten Investitionen zeigen mit den Worten Habecks, dass sich „das Bild vom Braunkohlekonzern immer mehr grün einfärbe.“ Er versprach: „Wir werden im Bund in diesem Jahr neben den bestehenden Fördermöglichkeiten für wasserstofffähige Kraftwerke weitere aufnehmen, hoffentlich genehmigt bekommen und diese dann ausschreiben, sodass ab 2024 die Umsetzung erfolgen kann.“ Bessere und schnellere Investitionsbedingungen für das deutsche Wasserstoffnetz zu schaffen, sei ebenfalls prioritäre Aufgabe der Bundesregierung noch in ersten halben Jahr 2023.
Die LEAG sei bereit, mit einer Milliarde Euro pro Jahr die Energiewende zu unterstützen. Bis dahin fordert der Energiekonzern Sicherheit und ein Festhalten am Kohleausstieg 2038. Oder um es mit den Worten von Thorsten Kramer zu sagen: „Wir kümmern uns erst um den Auf- und Ausbau von Gas- und Wasserstoff-Kraftwerken, PV- und Windkraftanlagen und dann beschäftigen wir uns mit dem Abbau.“