Aus Traum wird Wirklichkeit – DZA-Campus kommt auf Görlitzer Kahlbaum-Areal – Lausitz hat nächstes Großforschungsprojekt im Visier
Jetzt steht es fest: Das Görlitzer Kahlbaum-Areal wird der neue Campus des Deutschen Zentrums für Astrophysik (DZA). Das Großforschungszentrum, das sich gerade in einer Aufbauphase befindet, kann damit im Herzen Europas errichtet werden und soll künftig bis zu 1.000 neue Arbeitsplätze in die Region bringen. Der Freistaat Sachsen arbeitet derweil daran, das nächste Großforschungsprojekt in die Oberlausitz zu holen. Welch enorme Bedeutung dies über die Grenzen der gesamten Lausitz weltweit haben könnte.
Jannis Simons / pm
Das Görlitzer Kahlbaum-Areal mit den Gebäuden wurde vom Freistaat Sachsen vor wenigen Wochen von der Eigentümergesellschaft gekauft. Der Freistaat wird dem DZA das Gelände dauerhaft unentgeltlich zur Verfügung stellen, wie es für Forschungseinrichtungen dieser Art so üblich ist. Günther Hasinger, designierter Gründungsdirektor des DZA, freute sich sehr über diese Entscheidung, die am vergangenen Donnerstag bei einer Presseveranstaltung offiziell bekannt gegeben wurde. „Bisher waren es immer nur PowerPoint-Slides, die wir hin- und hergeschoben haben, und ein Traum, aber jetzt stehen wir zum ersten Mal auf festem Boden und es nimmt konkrete Züge an“, so Hasinger gegenüber dem STARK für die LAUSITZ des WochenKurier. Jetzt beginne die Arbeit vor Ort aber erst so richtig. Nächster Schritt ist die Gründung einer eigenständigen Rechtseinheit mit eigenem Haushalt und Aufsichtsrat. Bisher wird die Idee des DZA von vielen Forschungseinrichtungen, Hochschulen und Partnern in der Region getragen. Seit der Konzeptphase ist ein administrativer Beirat aktiv, dem Vertreter aller großen Forschungsgemeinschaften (Helmholtz-Gemeinschaft, Leibniz-Gemeinschaft, Fraunhofer-Gesellschaft, Max-Planck-Gesellschaft) und der Rektor der Technischen Universität (TU) Dresden angehören, sowie ein wissenschaftlicher Beirat. Als projekttragende Institution für die Aufbauphase wurde die TU Dresden gewählt. Nun will das DZA selbst- und eigenständig werden.
Auf der Agenda des jetzt schon 45-köpfigen Teams des DZA liegen jetzt außerdem die vorbereitenden Maßnahmen zum Sichern und Renovieren der Bestandsgebäude, das Aufstellen von Bauplänen und das Einholen entsprechender Genehmigungen für geplante Neubauten. Das DZA arbeitet da sehr eng mit dem Freistaat, dem Landkreis und der Stadt Görlitz zusammen. „Es ist viel Arbeit“, erklärt Günter Hasinger. Bis zum Ende des Jahrzehnts will das Team in die Gebäude einziehen.
Die Arbeit des DZA soll künftig aus drei Säulen bestehen. Die erste ist die Astrophysik, die zweite die Technologiesäule, womit eigene Technologien für die Astrophysik entwickelt werden sollen, und die dritte ist die Datensäule, womit mittels eines Großrechenzentrums mit riesigen Datenmengen gearbeitet wird, die Großteleskope aus aller Welt liefern. Kurzum: Es gehe allgemein darum, unser Universum besser zu verstehen.
Weiteres Großforschungsprojekt soll in die Lausitz
Innerhalb der Astrophysik gibt es zwei Schwerpunkte, mit denen das DZA zukünftig arbeiten möchte: Dazu zählt zu einem die Radioastronomie, womit sich das DZA in Görlitz an großen internationalen Radioteleskopen in Südafrika und Australien beteiligen will. Der andere Schwerpunkt ist die Gravitationswellen-Astrophysik, in der das DZA mit dem Einstein-Teleskop, das in Europa erstmals aufgebaut und entwickelt werden soll, weltweit Impulse liefern will.
Das Einstein-Teleskop (ET) ist eine europäische Initiative für die Errichtung eines unterirdischen Messinstruments in Form eines gleichseitigen Dreiecks mit einer Länge von zehn Kilometern. Mit dem ET können Gravitationswellen aus dem All detektiert und ausgewertet werden. Vereinfacht gesagt: „Das Wackeln des Weltalls soll damit messbar werden.“ Es würde sich 200 Meter tief unter der Erde befinden. Sachsens Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow verkündete vor Presse und regionalen Amtsträgern: „Wir möchten jetzt auch das Einstein-Teleskop nach Sachsen holen und unterstützen alle Bemühungen, die zu einer Standortentscheidung für die Lausitz führen. Beide Großprojekte, DZA und Einstein-Teleskop, passen inhaltlich perfekt zusammen und würden sich als direkte Nachbarn gut ergänzen.“ Sollte das ET wirklich nach Sachsen kommen, würde dies eine weitere Großinvestition in den Wissenschaftsstandort Lausitz bedeuten. Es wäre quasi eine zweite riesige Forschungsinfrastruktur innerhalb des DZA. Es gibt Stimmen, die sagen: „Wenn das kommt, ist der Strukturwandel in der Lausitz geschafft.“ Es würde damit eine Identität und ein neues Verständnis über mehrere Jahre geschaffen werden, das weit über die Wirkung des DZA hinausgeht. „Wir würden das machen, was die Menschen hier in der Region in der Vergangenheit schon gezeigt haben: Etwas Großes gemeinsam bauen, das wieder ein besonderes Wahrzeichen für die Lausitz schafft“, sind sich DZA-Mitglieder sicher. Auch die Nachbarländer Polen und Tschechien sind stark interessiert an diesem Vorhaben. Das kann der Lausitz im Verbund mit den Nachbarländern aber einen erheblichen Vorteil gegenüber anderen Regionen Deutschlands wie im Westen oder in der Niederlande bis nach Sardinien geben, die sich ebenfalls fürs ET bewerben und zum Teil schon erste Schritte dafür eingeleitet haben.
Der Direktor des Bereichs Astroteilchenphysik am Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY, ein Forschungszentrum für naturwissenschaftliche Grundlagenforschung mit Sitz in Hamburg und Zeuthen bei Berlin und einer der Mitinitiatoren des DZA, Prof. Christian Stegmann, unterstreicht die Bedeutung: „Das Einstein-Teleskop ist ein entscheidender Schritt in der Erforschung unseres Universums. Seine Bedeutung ist immens. Dass Sachsen sich klar positioniert ist ein starkes Signal. Es zeigt eine tiefe Wertschätzung für die Lausitz und unterstreicht das Potenzial des Projekts, den Wandel der Region von einem ehemaligen Zentrum des Bergbaus zu einem Zentrum für Spitzenforschung mit Strahlkraft weit über die Grenzen Sachsen hinaus zu fördern. Als europäisches Großprojekt wäre das Einsteinteleskop in der Lausitz ein Zeichen für grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Herzen Europas.“
Ob Sachsen das ET bekommt, wird wohl erst in zwei Jahren entschieden. Die Voruntersuchungen, ob die Lausitz wirklich dafür geeignet ist und dieses Großprojekt wirtschaftlich über Jahrzehnte betreiben könne, können aber mithilfe des Freistaates schon jetzt starten. Konkret komme dafür die Region südlich von Hoyerswerda in Frage, von der bereits bekannt ist, dass sich dort unter der Erde ein riesengroßer Granitblock, der sich ideal dafür eigene, befindet. Dort soll das geplante Untergrundlabor ohnehin Teil des DZA werden, sodass auch der Landkreis Bautzen direkt profitieren werde.
1.000 neue Arbeitsplätze
Auf dem Kahlbaum-Gelände sollen künftig etwa 1.000 Mitarbeitende die Astrophysik-Forschung in Laboren und Werkstätten voranbringen. Bis Ende 2025 will das DZA schon auf rund 100 Mitarbeiter angewachsen sein. Jedes Jahr sollen bis zu 100 weitere dazukommen. Von den 1.000 Arbeitsplätzen werden rund ein Drittel der Arbeitsplätze akademische, wie Wissenschaftler und Ingenieure, sein. Das heißt: Die Mehrzahl werden nichtakademische Arbeitsplätze sein. Diese nichtwissenschaftlichen Jobfelder reichen von Handwerksberufen bis Bürojobs. Auch das Wirken des Zentrums auf die Lausitz im Strukturwandel will das Team intern untersuchen und messen, sodass künftig auch Geisteswissenschaftler, Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler eingestellt werden. Die Palette ist breit. Über die Kaufkosten haben die Vertragspartner derweil Stillschweigen vereinbart. Ein konkreter Baubeginn auf dem weitläufigen Gelände, von dem über die Neiße sogar direkt bis nach Polen geschaut werden kann, kann noch nicht genannt werden. Fest steht aber: Das Areal soll weiter eine Parkanlage und somit ein offener Campus für alle Lausitzerinnen und Lausitzer sein.
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