Festakt mit Bundeskanzler Scholz: Aus Cottbuser Carl-Thiem-Klinikum wird Medizinische Universität Lausitz
Nach 110 Jahren ist ‚Schluss‘ für das Carl-Thiem-Klinikum Cottbus. Denn ab Montag trägt das Klinikum den offiziellen Namen „Medizinische Universität Lausitz – Carl Thiem.“ Zum feierlichen Fest- und Gründungsakt am gestrigen Mittwoch unter dem Motto „Tradition trifft Zukunft“ im Cottbuser Staatstheater kam auch Bundeskanzler Olaf Scholz.
Jannis Simons / pm
„Hier in der Lausitz zeigen sie gerade, dass es anders geht. Strukturwandel ist zum Zukunftsprojekt geworden für eine ganze Region: Grundsteinlegungen für Großprojekte, Einweihungen, Gründungsveranstaltungen wie diese hier – all das gehört zum Alltag eines Bundeskanzlers. Aber in keiner Region war ich dafür in den zweieinhalb Jahren seit meinem Amtsantritt so häufig, wie bei Ihnen in der Lausitz“, macht Olaf Scholz bei seinem Grußwort die Einmaligkeit des Lausitzer Wandels in ganz Deutschland deutlich. Der erneute Besuch des Bundeskanzlers in der Lausitz, zuletzt bei der Eröffnung der ersten fertiggestellten Halle des neuen ICE-Instandhaltungswerks der Deutschen Bahn Anfang des Jahres, unterstreicht abermals die hohe Bedeutung diverser Großprojekte in der Lausitz für die gesamte Bundesrepublik.
Der Festakt zum 110-jährigen Bestehen des Carl-Thiem-Klinikums (CTK) in Cottbus vor rund 400 Gästen hatte eine „historische Dimension“. Nachdem 1912 der erste Spatenstich samt Grundsteinlegung erfolgte und das Klinikum nach nur 19 Monaten in den Betrieb gehen konnte, geht dieses traditionsreiche Haus nun in eine ganz neue, aber zielgerichtete Zukunft. So wird aus dem überregional bekannten ‚CTK‘ ab dem 1. Juli 2024 das erste staatliche Universitätsklinikum des Landes Brandenburg. Mit dem Trägerwechsel ändert sich auch der Name zu „Medizinische Universität Lausitz – Carl Thiem“, kurz MUL.
Bis zu 200 Medizinerinnen und Mediziner sollen in Cottbus künftig Jahr für Jahr an der MUL ausgebildet werden, erstmals schon zu Beginn des Wintersemesters 2026. Neben der Humanmedizin werden die Masterstudiengänge „Medical Data Science“, „Gesundheitssystemwissenschaften“ und „Advanced Nursing Practices“ entwickelt. 80 Professuren sowie 1300 neue Arbeitsplätze in Vollzeit sollen entstehen und 33.000 Quadratmeter zusätzliche Nutzfläche rund um den bisherigen Standort des Klinikums erschlossen werden. Für die Entwicklung der MUL stehen bis 2038 Mittel des Bundes und des Landes in Höhe von insgesamt 3,7 Milliarden Euro bereit. Schon heute zählt das Haus rund 3.500 Beschäftigte aus über 56 Nationen, die in über 20 Kliniken und Departments das Versorgungsspektrum eines universitären Maximalversorgers anbieten und jährlich über 150.000 Patienten ambulant und stationär versorgen. Eine von ihnen ist Kinderkrankenschwester Monika, die seit 55 Jahren im Dienst ist und diesen wohl größten Wandel des Hauses auch noch mitgestalten wird. Sie wurde stellvertretend für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses für ihre Verdienste an diesem Abend offiziell gewürdigt und eroberte, wie auf ihrer Station, schnell die Herzen aller anwesenden Gäste im Staatstheater.
Politik hat Wort gehalten
„Die meisten, die wirklich noch gezweifelt haben, wissen seit heute: Es wird wahr. Politik und alle, die daran in den vergangenen Jahren beteiligt waren, haben Wort gehalten“, ordnete der Cottbuser Oberbürgermeister Tobias Schick diesen Meilenstein für die Stadt auch mit einem kleinen weinenden Auge ein. Schließlich gibt die Kommune auf der einen Seite ein traditionsreiches Tochterunternehmen auf, doch auf der anderen Seite werden der Universitätsstandort Cottbus und die Entwicklungsperspektiven der Stadt sowie der Region durch diesen Schritt deutlich gestärkt. „Wir werden internationaler. Cottbus bekommt eine zweite Universität, die nicht nur Forschung und Lehre in den Mittelpunkt stellt, sondern vor allem die Gesundheitsversorgung in der Lausitz verbessern wird“, kommentiert Schick mit einem noch größeren lachenden Auge. ‚Nebenbei‘ ergeben sich für die Lausitzmetropole weitere vielfältige Entwicklungschancen durch dieses Milliardenprojekt. Rund um das heutige CTK-Gelände in der Spremberger Vorstadt werde künftig viel gebaut werden, um die nötige Infrastruktur, wie z.B. ausreichend Parkplätze, bereitzustellen. Außerdem sei die Erweiterung des Straßenbahn-Netzes um den neuen Medizin-Campus herum geplant. „Die Medizinische Universität Lausitz – Carl Thiem wird unsere Stadt prägen und auszeichnen wie das ‚alte‘ CTK“, ist sich Schick sicher.
Die ersten konkreten Schritte für die Transformation des städtischen Hauses zu einem Uniklinikum begannen im August 2020 mit dem Inkrafttreten des Strukturstärkungsgesetz des Bundes. Damit wurde die rechtliche Grundlage dafür gelegt, dass mit Bundesmitteln für den Kohleausstieg eine staatliche Universitätsmedizin in der Lausitz errichtet werden kann. Kurze Zeit später nahm die von Brandenburgs Wissenschaftsministerin Dr. Manja Schüle eingesetzte Expertenkommission ihre Arbeit auf. Diese Kommission gab im Sommer 2021 Empfehlungen für Eckpunkte und Schwerpunktsetzungen der künftigen Universitätsmedizin vor. Auf diesen Empfehlungen aufbauend, koordinierten die Projektbeauftragten Dr. Ulrike Gutheil und Prof. Dr. mult. Eckhard Nagel die weitere Konzeptionierung und bereiteten die Gründung der Universitätsmedizin vor. Das gemeinsam mit zahlreichen Akteuren aus Wissenschaft, Gesundheit und Politik entwickelte Konzept wurde schließlich im Frühjahr 2023 dem Wissenschaftsrat zur Begutachtung vorgelegt und erhielt Ende April dieses Jahres schließlich grünes Licht. Die alles entscheidende Hürde wurde damit genommen. Parallel dazu hatten sowohl die Stadt Cottbus als auch das Land Brandenburg in partnerschaftlichen Verhandlungen den Weg für den Übergang des städtischen Klinikums vorbereitet.
Das Besondere an dem Konzept ist die neue, deutschlandweit einzigartige Verbindung der Forschungsschwerpunkte Gesundheitssystemforschung und Digitalisierung. Das Ziel: innovative Konzepte der Gesundheitsversorgung für ländliche Regionen entwickeln sowie Ärztinnen und Ärzte für Brandenburg ausbilden.
„Wir machen eine Universität mit der kompletten Region“
Während des Festakts wurde das neue Führungsteam der Medizinischen Universität Lausitz, der sogenannte Gründungsvorstand, vorgestellt:
- Vorstand Krankenversorgung: Prof. Dr. Eckhard Nagel
- Gründungsvorstand Wissenschaft: Prof. Dr. Adelheid Kuhlmey
- Gründungsvorstand universitärer Strukturaufbau: Dr. Ulrike Gutheil
- Pflegevorstand: Andrea Stewig-Nitschke
- Digitalisierungsvorstand: Martin Peuker
- Kaufmännischer Vorstand: Dr. Alexander Hewer
„50 Prozent Frauen, 50 Prozent Ostdeutsche – 100 Prozent Spitzenklasse“, bewertet Dr. Manja Schüle diese Zusammensetzung.
Prof. Eckhard Nagel, der vom bisherigen Geschäftsführer des CTK, Sebastian Scholl, bei der offiziellen Übergabe des Staffelstabes ein Trikot des FC Energie Cottbus zur regionalen Identifizierung überreicht bekam, spürte man die Leidenschaft für dieses Projekt an: „Lassen sie uns hier zu Müttern und Vätern der zukünftigen Gesundheitsversorgung und -forschung in Deutschland werden. Dann wird der Strukturwandel gelingen.“ Mit diesen motivierenden Worten beendete Prof. Nagel einen geschichtsträchtigen Abend in der Lausitz, der den Weg in eine ganz neue Zukunftsdimension weist.
Sebastian Scholl wird indes Beauftragter für die Modellregion Gesundheit Lausitz. „Wir machen eine medizinische Universität nicht alleine in Cottbus, sondern mit einer kompletten Region. Damit können wir nicht nur die regionale Versorgung verbessern, sondern damit werden wir auch das erste Mal in Deutschland Versorgungsdaten haben, die wir für die Forschung nutzen können“, unterstreicht Scholl aus seiner Sicht die Einzigartigkeit dieses Projektes. Modellregionen, die eng verbunden sind mit einer Universität, gab es nämlich in Deutschland bis dato nicht. Versorgungsinfrastruktur entwickeln, daraus wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen und damit das Gesundheitssystem in den nächsten Jahren zukunftsfest machen und voranzubringen, werden die Ziele dieser Modellregion in unserer ‚starken‘ Lausitz sein.
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