Aufsteiger-Region Lausitz: Zwischen Champions League und 3. Liga-Euphorie durch den FC Energie Cottbus
Es sind bewegte Tage in der Lausitz. Erst reiste EU-Industriekommissar Thierry Breton am vergangenen Freitag nach Schwarze Pumpe, um sich von der Lausitz als potenziell erstes Net Zero Valley Europas überzeugen zu lassen, dann feierte der FC Energie Cottbus am vergangenen Sonntag den Aufstieg in die 3. Liga. Sportlich gesehen scheint die Champions League für den FCE noch etwas weit weg, doch wirtschaftlich gesehen ist die Lausitz auf europäischer Ebene spätestens seit letzter Woche ein ernstzunehmender Player.
C.M. Schwab / Jannis Simons
EU-Industriekommissare Thierry Breton besucht Schwarze Pumpe mit einer Riesenchance im Gepäck
Weniger als einen Monat nach der Verabschiedung des Gesetzes zur Netto-Null Industrie, dem „Net-Zero Industry Act“, durch das Europäische Parlament besuchte der zuständige EU-Industriekommissar Thierry Breton die Lausitz und nahm an einer Veranstaltung zur „Wirtschaftstransformation, Net-Zero Valley und Digitalisierung“ teil. Der Besuch kam durch die gemeinsame Einladung der Lausitzrunde und des Europaabgeordneten Dr. Christian Ehler zustande. Breton offerierte der Lausitz die Möglichkeit, erste nachhaltige Modellregion Europas zu werden – ein Net Zero Valley Lausitz.
Das Net Zero Valley ist ein Konzept, das sich aus dem Netto-Null-Industrie-Gesetz (Net Zero Industrial Act) der Europäischen Union (EU) ableitet. Es bezieht sich auf eine Region, in der saubere Technologien produziert werden, um die Klimaneutralität zu erreichen. Denken Sie an ein Tal, in dem Unternehmen und Gemeinschaften zusammenarbeiten, um umweltfreundliche Technologien herzustellen. Das Ziel ist, Treibhausgasemissionen zu minimieren und gleichzeitig Arbeitsplätze zu schaffen und die Wirtschaft anzukurbeln. Mittlerweile ist es ein Fakt, dass Regionen, die auf saubere Technologien setzen, wettbewerbsfähiger und attraktiver sind.
Modellregion Lausitz. Was haben die Bürger davon?
Untrennbar davon sind die Vorteile, die sich für die Bürgerschaft einer Region daraus ergeben:
Die Förderung sauberer Technologien schafft neue Arbeitsplätze in der grünen Industrie. Das kurbelt die lokale Wirtschaft an. Weniger Luftverschmutzung und Treibhausgasemissionen tragen zur Verbesserung der Luftqualität bei, was sich positiv auf die Gesundheit der Menschen auswirkt. Durch den Einsatz erneuerbarer Energien und energieeffizienter Technologien können die Energiekosten für Haushalte und Unternehmen sinken. Fred Mahro, Bürgermeister Guben: „Die Lausitz steuert auf etwas Besonderes hin und dieser Kurs muss gehalten werden.“ Das bestätigt auch Ralf Brehmer, Bürgermeister Gemeinde Rietschen: „In der Region wird zusammengearbeitet. Industrie, Politik und Kommunen gehen Hand in Hand voran.“
Der Besuch von Breton könnte somit ein wegweisender für die Region sein. Nun sind Bund und Länder an der Reihe, den verbalen Signalen, eine Modellregion Lausitz unterstützen zu wollen, Taten folgen zu lassen.
Weitere Stimmen aus Kommunalpolitik und Wirtschaft zur Modellregion Lausitz
Simone Taubenek, Bürgermeisterin Forst: „Für uns als Kommunen ist es natürlich ein wichtiger Faktor, wenn unsere Genehmigungsverfahren kürzer werden dürfen. Dank Net Zero Valley werden da auch die Länder in die Pflicht genommen. Dadurch kann der ganze Prozess vereinfacht werden. Wir werden dadurch für Unternehmensansiedlungen attraktiver.“
Marco Beer, Bürgermeister Spreetal: „Meine Hoffnung ist, dass Planungs- und Genehmigungsphasen erheblich verkürzt werden. Der aktuelle Zustand hemmt nicht nur unsere Wirtschaft und die Kommunen, sondern auch die Entwicklung der ganzen Region. Das Konzept der Modellregion bedeutet, dass der Strukturwandel bis zum Kohleausstieg gelingen kann.“
Birgit Zuchold, Bürgermeisterin Welzow: „Das EU-Angebot ist eine große Chance. Aber für die Umsetzung brauchen wir von den Ministerien nicht nur eine Zusage zur Unterstützung. Es braucht zeitnahe Termine, wo klar die Rahmenbedingungen abgesteckt werden, wir konkret erfahren, welche Förderungen wir erhalten, wer unsere Ansprechpartner sind, wie und wann wir uns regelmäßigen treffen, um alle Grundlagen für das Konzept Net Zero Valley Lausitz zu erarbeiten.“
Jan Redmann, Landtagsabgeordneter Brandenburg (CDU): „Die Erreichung von Klimazielen durch De-Industrialisierung ist kein Konzept, das irgendjemand überzeugt. Zugleich gilt aber auch die Ausrede nicht mehr, die EU verkompliziere alles. Mit dem Konzept des Net Zero Valley Lausitz gibt es echte Chancen.“
Uwe Ahrens, Vorstandsvorsitzender Altech Group: „Die Lausitz definiert das Wort Wandel. Seit der Wiedervereinigung hat keiner mehr einen solchen Wandel vollziehen müssen. Und jetzt sind wir damit erfolgreich! Wir bauen Batterien in Deutschland, in Europa, mit Material aus der Region, unter Nutzung lokaler Lieferketten, 100 Prozent von hier. Das bedeutet praktisch Unabhängigkeit von Asien. Wir sind dankbar für diese Investitionsmöglichkeiten und ein Net Zero Valley Lausitz. Wichtig ist dabei aber: Wir machen das nicht vordergründig, weil unsere Investitionen als politisch sinnvoll erachtet werden, weil Europa unabhängig wird und wir Umweltziele erreichen. Nein, danach kann auch Geld verdient werden! Die Fördermittel, wenn sie unbürokratisch und schnell zur Verfügung gestellt werden, können eine Signalwirkung entfalten – für weitere Investoren, für noch mehr wirtschaftliche Entwicklung. Es geht dabei nicht um riesige Summen. Aber es kann gezeigt werden, dass Investoren und Unternehmen hier vor Ort gewollt sind.“
Weitere audiovisuelle Eindrücke vom hochrangigen EU-Besuch in der Lausitz samt Statements von Thierry Breton, Birgit Zuchold, Fred Mahro, Dr. Christian Ehler, Lars Katzmarek, Carsten Baumeister seht ihr hier im Video-Reel auf unserem Instagram-Account.
*Info: Was ist das Netto-Null-Industriegesetz?
Europa stärkt mit dem Netto-Null Industriegesetz die Attraktivität seines Wirtschaftsstandortes durch schnellere Genehmigungsverfahren für
Neuansiedlungen und Erweiterungen von Produktionsstätten, die gezielte Aus- und Weiterbildung von und für Fachkräfte der Netto-Null-Technologien vor Ort und einen besseren Marktzugang für Technologien „Made-in-Europe“, vor allem bei öffentlichen Ausschreibungen und Auktionen. Ein zentrales Element dabei ist die Einrichtung von „Net-Zero Valleys“ durch die Mitgliedsstaaten, das bevorzugte Bedingungen, wie noch schnellere Genehmigungszeiten und weitere flankierende Maßnahmen, wie zum Beispiel die Erschließung von Gewerbeflächen durch Infrastrukturförderung oder Pilotprojekte zur Digitalisierung und der Anwendung von Künstlicher Intelligenz in der Verwaltung, für einen geographischen Raum ausweist.
Es ‚boomt krass was‘ in der Lausitz
FC Energie Cottbus zurück auf der deutschlandweiten Fußballlandkarte
Zwei Tage nach dem wohl wegweisenden Breton-Besuch in der Lausitz hatte auch die Lausitzer Sport- und Fußballfamilie einen wahren Feiertag, der bis nach Berlin ausstrahlte. Der FC Energie Cottbus schaffte nach einem echten Saison-Herzschlagfinale mit einem 2:0-Sieg bei zweiten Mannschaft von Hertha BSC und rund 9.000 Fans mitgereisten Fans den lang ersehnten Aufstieg in die 3. Liga. Es geht in der Lausitz momentan wirklich Schlag auf Schlag, was die positive Entwicklung, die Strahlkraft der Region und damit auch den Strukturwandel direkt betrifft. Sei es die vor kurzem veröffentlichte offizielle Bestätigung, dass die Lausitz den Zuschlag zum Aufbau der staatlich ersten Universitätsmedizin in Brandenburg bekommt, sei es das rasant entstehende neue Bahnwerk in Cottbus, das rund 1.200 neue Industriearbeitsplätze in der Region schafft, sei es die feststehende Bundeswehr-Ansiedlung in Bernsdorf, seien es privatwirtschaftliche Investitionen und Ansiedlungen in Millionenhöhe, wie beispielsweise von YADOS in Hoyerwersda oder von Altech in Schwarze Pumpe, die international mit ihren Produktinnovationen weltweit für Furore sorgen könnten. Es sind alles Signale, die besser als jede Imagekampagne nach außen wirken, denn ‚Hier wird was!‚
Langsam scheinen in diesem sehr komplexen Prozess der Strukturentwicklung viele Prozesse ineinander zugreifen. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, gepaart mit den wachsenden lebenswerten Bedingungen einer ganzen Region und deren kulturellem Angebot, wie beispielsweise eben höherklassigem Fußball. Das Beste daran ist: Dieser Prozess ist noch lange nicht abgeschlossen. Die Lausitz kann also von weiteren Aufstiegen träumen. Die Grundlagen sind da. Jetzt gilt es vor allem für die Lausitzerinnen und Lausitzern, all diesen Aufschwung mitzunehmen, ihn weiter nach außen zu tragen und mit breiter Brust zu sagen: „Ich komme aus der Aufsteiger-Region Lausitz.“
Frühjahrsausgabe „STARK für die LAUSITZ“ 2024 ist erschienen
Frisch erscheinen ist die neueste Ausgabe unseres STARK für die LAUSITZ-Magazins. Diesmal im Fokus: Der Landkreis Bautzen und seine Leuchtturmstädte Bautzen, Kamenz, Hoyerswerda und Bischofswerda. Natürlich werfen wir darin aber auch wie immer einen Blick auf Aktuelles vom Strukturwandel in Brandenburg rund um die Boomtown Cottbus. So beeindruckte z.B. der Sonderausschuss Strukturentwicklung der Brandenburger Landesregierung den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie im Landtag Nordrhein-Westfalen mit seinen Berichten über die Fortschritte im Lausitzer Revier, getreu dem Motto: „Brandenburg zeigt, wie es geht“.
STARK für die LAUSITZ ist frei erhältlich in vielen regionalen Auslagestellen in der Ober- und Niederlausitz und online als E-Paper hier.
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