44 Millionen Euro für Strukturwandelprojekte in Görlitz, Boxberg, Löbau, Schleife und Hoyerswerda – Ergebnisse des 5. Regionalen Begleitausschusses
In der vergangenen Woche tagte der Regionale Begleitausschuss (RBA) des Lausitzer Reviers bereits zum fünften Mal. Passend zur 5. Sitzung hatte der Ausschuss über insgesamt fünf kommunale Vorhaben zu entscheiden. In „Lotsenhaus“ in Görlitz tagte das Gremium erstmals unter Leitung seiner Vorsitzenden Dr. Romy Reinisch, die für das Jahr 2023 das Amt für den Landkreis Bautzen in Stellvertretung von Landrat Udo Witschas innehat. Welche Projekte dort im Fokus standen und wie der aktuelle Stand aller Projekte in der Oberlausitz ist.
pm/jas
Der Vorsitz des RBA in der Lausitz wechselt jährlich zwischen den Landkreisen Bautzen und Görlitz. So übergab der Görlitzer Landrat Dr. Stephan Meyer quasi seinen Staffelstab zur ersten Sitzung des RBA im Jahr 2023 an die Vertreterin des Bautzener Landkreises, Dr. Romy Reinisch. Eins vorneweg: So kritisch, wie manch RBA in der Vergangenheit beäugt wurde, fiel die Stimmungslage während und nach dieser Sitzung grundsätzlich sehr positiv aus, wurden doch auch alle fünf vorgestellten Projekten an jenem Mittwoch im Lotsenhaus Görlitz mit einem Gesamtvolumen von etwa 44 Millionen Euro aus Bundesmitteln positiv beschieden und priorisiert. Dabei lag der Fokus der Vorhaben auf dem Bereich der Gesundheitsfürsorge.
Dr. Romy Reinisch: „Wir alle wissen, dass unsere Region vor einem enormen Umbruch steht. Einerseits gilt es, die Region zukunftsfähig zu machen, andererseits aber auch, speziell auf die Bedürfnisse der Menschen vor Ort einzugehen. Und gerade im Gesundheitssektor steht die Lausitz vor großen Herausforderungen, denen wir mit den heutigen Entscheidungen gerecht werden möchten. Der demografische Wandel der Region macht es dringend notwendig, dass wir hier investieren.“
Auch Unternehmen und Investoren sollen durch das Umsetzen der zahlreichen Vorhaben vom Ansiedeln in der Region überzeugt werden. „Heutzutage sind diese weichen Standortfaktoren für Investoren unheimlich wichtig. Dazu gehört es auch, dass moderne Techniken und Ausrüstungen im Bereich des Gesundheitswesens in der Lausitz vorhanden sind und die Menschen keine langen Anfahrtswege haben, um Ärzte, Krankenhäuser usw. aufsuchen zu können. Auch das gehört zu einem zukunftsweisenden und modernen Gesicht der Region und hat enorme Bedeutung für den Strukturwandel“, erklärte die Beigeordnete des Landkreises Bautzen.
Mit dem Projekt „Erholung und nachhaltiger Tourismus am Scheibe-See“ ist zudem ein großes Projekt der Stadt Hoyerswerda der Umsetzung einen Schritt nähergekommen. „Tourismus ist und bleibt eines der wesentlichen Standbeine der Region, deshalb begrüßen wir ein solches Vorhaben, das dem Lausitzer Seenland eine weitere Attraktion verschaffen soll“, führte Dr. Reinisch aus.
Die fünf positiv beschiedenen Projekte im Überblick
Ziel dieses Projektes, was von der Gemeinde Boxberg als Projektträger initiiert wurde, ist es: Die regionale Gesundheitsversorgung nachhaltig transformieren. Medizinisch vor- und nachgelagerte Leistungen werden in modernen Praxen zusammengeführt und mittels Telemedizin Brücken zu Krankenhäusern geschlagen.
Konkret bedeutet das: Es wird ein modernes Gesundheitszentrum als Neubau in zentraler Ortslage in Boxberg errichtet. Dies soll natürlich Arbeitsplätze (u. a. Angestellte der Arztpraxen, Physiotherapie, Apotheke, Kleingewerbe) schaffen. Im angrenzenden Gebiet will die Gemeinde ein betreutes Wohnen anbieten, was sie allerdings selbst finanzieren muss, da es nicht Projektbestandteil mittels Strukturfördermittel ist.
Die geschätzten Gesamtkosten belaufen sich auf 9.308 Euro.
Realisierungszeitraum: 2023 – 2026
2. Entwicklung des BSZ Löbau zu einem Kompetenzzentrum (Landkreis Görlitz)
Auf Grundlage der Schulnetzplanung erhält das Berufliche Schulzentrum (BSZ) Löbau eine überregionale Bedeutung für ganz Sachsen, da es immer mehr Azubis vor Ort hat. Das BSZ plane die Qualität der Ausbildungsbedingungen zu verbessern. Wichtige Maßnahmen dafür wurden dafür bereits umgesetzt. Als Teil der verpflichtenden Ausbildung gilt auch der Sportunterricht. Dafür muss der Sportplatz ertüchtigt werden um den Ansprüchen eines modernen Ausbildungszentrums gerecht zu werden. Mit der Bereitstellung der adäquaten Sportmöglichkeiten werde der Standort gesichert.
Die Stärkung des BSZ Löbau soll dabei zur Verbesserung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes im Landkreis Görlitz, welcher auch der Projektträger ist, beitragen und den zahlreichen Handwerksbetrieben den dringend benötigen „Nachwuchs liefern“.
Geschätzte Gesamtkosten: 1.499 Euro
Realisierungszeitraum: 2023 – 2024
3. Anschaffung OP-Roboter Wirbelsäulenchirurgie (Landkreis Görlitz)
Für wirbelsäulenchirurgische Eingriffe ist die Anschaffung eines fachübergreifend nutzbaren navigierten OP-Roboters, inklusive Software-Bestandteile und instrumentale Erstausstattung geplant. Projektträger ist das Städtische Klinikum Görlitz gGmbH. In Echtzeit können auf Basis digitaler 3D-Modelle und mit Hilfe der GPS-Steuerung präzise Bohrungen und Implantatsetzungen vorgenommen werden.
Gut für die Patienten: Die zu erwartende Reduzierung von Komplikationen durch Verletzungen und Schraubenfehllagen nach der Operation verkürzt Verweildauern und Wartezeiten. Die Patienten können schneller in das soziale Umfeld zurückkehren und so ein Entlastungseffekt für das Sozialsystem bewirkt werden. Die roboterassistierte Operationstechnik wird Teil eines innovativen Ausbildungskonzepts im Gesundheitssektor. Dies schafft Anreize, um Ärzte und Pflegekräfte in die Region zu holen oder zu halten und Menschen für die dortige Ausbildung (u. a. Neuro- und Unfallchirurgie, Pflege, medizintechnische Assistenz) zu begeistern
Geschätzte Gesamtkosten: 1.508,3 Euro
Realisierungszeitraum: in den kommenden sechs Monaten
4. Gesundheitszentrum Schleife/Slepo (Landkreis Görlitz)
Die Gemeinde Schleife als Projektträger errichtet in zentraler Lage ein Gesundheitszentrum als zentrales Element der Daseinsvorsorge im Gemeindegebiet. Eines im Besitz der Gemeinde befindliches ortsprägendes Bestandsgebäude wird dabei aus seinem derzeitigen Leerstand zu einem Gesundheitszentrum umfunktioniert. Zusätzlich wird ein Anbau, welcher den barrierefreien Zugang zu den Praxen ermöglicht, errichtet.
Die gute fußläufige Lage sowie die unmittelbare Anbindung an den Schienenverkehr wird noch ergänzt werden durch einen neuen zentralen Bushaltepunkt, welcher unmittelbar im Süden an das Grundstück angrenzen wird, was allerdings nicht Projektbestandteil aus dem Strukturwandeltopf ist.
Damit sollen Arbeitsplätze im medizinischen Bereich geschaffen sowie erhalten werden und die Attraktivität des Standortes maßgeblich gesteigert werden.
Geschätzte Gesamtkosten: 5.356 Euro
Realisierungszeitraum: 2023 – 2026
5. Erholung und nachhaltiger Tourismus am Scheibe-See/Hoyerswerda (Landkreis Bautzen)
Das einzige Projekt, das an diesem Tag aus dem Landkreis Bautzen zur Debatte stand, ist die infrastrukturelle und medientechnische Erschließung des Westufers des Scheibe-Sees zum Zentrum für Erholung und nachhaltigen Tourismus. Beispielsweise sollen sich dort Hotels ansiedeln können. Projektträger ist die Stadt Hoyerswerda.
Das Vorhaben setzt sich aus zwei Maßnahmen zusammen:
Maßnahme 1: Erschließungsmaßnahmen, Quartierswärmeversorgung, Errichtung von Mole, Slipanlage und Anlegestelle, die Herstellung des Strandes mit Promenade und Ausgleichsmaßnahmen Maßnahme 2: Bau einer Landmarke mit Aussichtssteg und Freianlagen mit technischer Ausrüstung sowie Bau einer gastronomischen Einrichtung
Damit sollen Arbeits- und Ausbildungsplätzen im touristischen Bereich gesichert und geschaffen werden und das touristische Angebote in der Region erweitert werden.
Geschätzte Gesamtkosten: 26.238,01 Euro
Realisierungszeitraum: 2024 – 2026
Zahlreiche Projekte aus den vergangenen RBA-Sitzungen bereits in der Umsetzung
In einer mehrstündigen Sitzung tauschten sich die Mitglieder des RBA allerdings nicht nur über neue Vorhaben aus, sondern zogen erneut eine Zwischenbilanz. Insgesamt befinden sich aktuell 44 Projekte in der Umsetzung (Stand Juni 2023). Das sind Projekte auf kommunaler Seite, aber auch vonseiten des Freistaates Sachsen. Beim Fortschritt hängen diese Projekte noch sehr zurück. Lange Planungs- und Genehmigungsverfahren nach Bewilligung der Fördermittel durch die Sächsische Aufbaubank (SAB) sorgten für lange Wartezeiten. Dr. Romy Reinisch sagte dazu: „Ich bin davon überzeugt, dass in den nächsten Monaten ganz viele Baustarts zu verzeichnen seien werden, sodass auch die Region vom Strukturwandel endlich positive Signale bekommt.“ Dies ist aufgrund der Förderrichtlinien auch extrem wichtig, denn schließlich muss gesichert sein, dass bis zum Ende der ersten Förderperiode (Ende 2026) auch wirklich alle Gelder abfließen.
Noch immer können „kleinere“ Projektanträge mit einer Bauzeit von einem bis anderthalb Jahren bei der SAS eingereicht werden. Für diese sieht die aktuelle Vorsitzende des RBA noch gute Chancen, dass sie in der ersten Förderperiode erfolgreich umgesetzt werden können. Die Mittel von knapp einer Milliarde Euro aus dem Strukturwandeltopf der ersten Periode seien zwar ausgereizt. Aber es gibt einige Projekte, die aufgrund sich hinziehenden Genehmigungsverfahren bis 2026 wohl nicht umzusetzen sind, sodass immer wieder Projekte nachrücken können.
Hintergrund:
Die fünf kommunalen Vorhaben, über die heute im Rahmen des RBA entschieden worden ist, sind nach der »Förderrichtlinie für Zuwendungen nach dem Investitionsgesetz Kohleregionen – RL InvKG« qualifiziert und priorisiert worden. Der Regionale Begleitausschuss hat hierbei die Kernaufgabe inne, am Projektauswahlverfahren mitzuwirken. Die durch den RBA positiv beschiedenen Vorhaben werden nun dem Freistaat Sachen und dem Bund zur endgültigen Entscheidung vorgelegt. Die nächste Sitzung des RBA in der Lausitz ist für den 15. November 2023 terminiert.
Foto Titelbild: Sächsische Agentur für Strukturentwicklung GmbH